12. Oktober 2009

Nackt

Und da sitze ich nun. Mein weißes Nachthemdchen ist nicht so gemütlich wie es aussieht. Am liebsten würde ich es wieder ausziehen und zu Boden werfen. Was ich auch nach drei weiteren Sätzen tun werden. Es ist eh zu kalt für Nachthemdchen. Tschüß.
Und nun sitze ich da. Habe nichts mehr zu verlieren. Am liebsten würde ich mir etwas anziehen. Mich bedecken. Schützen. Beschützen. Ich lege meine Arme etwas um meinen zitternden Körper. Gänsehaut. Mein Kopf liegt auf meinem Knie und zögernd schließe ich die Augen.
Ich hülle mich in Gedanken. Warm. Weiß. Entspannend.
"Mia? Kleine Mia?" Müde öffne ich meine Augen. "Mia? Mia, kleine Mia? Bist du glücklich?" Eine kleine Fliege sitzt auf meiner Hand. Surrt mit den Flügeln und trippelt hin und her. Ich lächele leicht. " So glücklich wie man so sein kann. Ohne wärmende Socken. Ohne wärmende Hose, ohne wärmendes Shirt und wärmende Jacke. So glücklich wie man halt so ist, wenn man langsam einfriert. So glücklich wie man sich so fühlt ohne wärmende Mütze, ohne wärmende Handschuhe und ohne wärmenden Schal. So glücklich wie man halt so ist, wenn man langsam nichts mehr fühlt."
"Mia. Kleine Mia? Du bist reichlich dumm. Weißt du das?" Verächtlich schnaufe ich und schüttele die Fliege von der Hand.
"Was weißt du denn schon? Eine Fliege. Eine dämliche Stubenfliege. Du weißt überhaupt nichts. Hörst du. Nichts. Wenn hier einer dumm ist- dann ja wohl du. Pff." Ich schloss energisch die Augen.
"Mia. Kleine Mia. Du musst noch viel lernen. Dummes Kind. Ich bin eine kleine unbedeutende Stubenfliege. Ich habe weder Socken, noch Hose, habe kein Shirt und auch keine Jacke. Ich habe keine Mütze und keine Handschuhe und ich werde niemals einen Schal besitzen und ich bin so glücklich wie eine Fliege glücklich sein kann. Und nun zieh dir was an und hör auf zu erfrieren. Dummes Ding."
Damit surrte sie davon. So schnell wie eine Fliege surren konnte.

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