28. Januar 2009

Das kleine Mialein

Du stehst an der Straßenecke und ich an der Bushaltestelle. Du grinst mich dreckig an und ich kenne noch nicht einmal deinen richtigen Namen. Du weißt genau, dass ich nervös deinen Blicken ausweiche. Ich werde unruhig. Streiche mir die Haare aus dem Gesicht und beiße mir leicht auf die Unterlippe. Ich will kein Opfer sein. Aber du bist ein Täter. Und- du machst deinen Job ganz wunderbar. Ich sehe wie du dein Handy aus der Tasche ziehst, wie du grinsend etwas tippst. Kurze Zeit später vibriert mein Handy. "Irgendwann wirst du mit mir ausgehen" Ich schaue zu dir, du wirfst mir einen Kuss zu. 

Du sitzt mir gegenüber. Du schlägst die Beine übereinander. Dennoch sieht es nicht sehr damenhaft aus. Dein Lachen ist laut und mein Blick gleitet zu Boden. Während du mit mir sprichst fange ich an zu stottern. Jede noch so einfache Antwort fällt mir schwer. Ich fühle mich wie eine blutjunge Praktikantin. Deine Hand fährt durch deine kurzen Haare. Ein Igelschnitt. Hatte man vor Jahren einmal. Du trägst dein Haar immer noch so. Dein Jeanshemd ist viel zu groß und deine Scheu vor mir viel zu klein. " Ich freue mich schon, wenn ich ab Februar wieder arbeite. Dann weht hier mal wieder ein anderer Wind." Ich schaue zu dir und du grinst siegesicher.

Du stehst vor mir an der Supermarktkasse. Deine langen blonden Haare glänzen wie die aufgehende Morgensonne. Oder ähnliches. Hübsch bist du. Richtig hübsch. Dein makelloses Gesicht schaut triumphierend umher.Zahnpastalächeln inklusive.Ich ziehe den Bauch ein. So gut ich kann.Und wirklich gut kann ich es nicht. Drücke meinen Fruchtjoghurt und die Birne enger an mich. Meine Haare sehen heute scheußlich aus. Meine Haut ist zu blass. Meine Oberlippe zu dünn. Mein Bauch zu dick. Ich will nicht gesehen werden..da höre ich es schon:" Mieeeeezee, Süüüüüüße. Naaaaa...wie gehts? Hach. Süß siehst du aus..so natürlich..Och..kaufste nur ne Birne?Niedlich. Biste auf Diät? Na, kann dir ja nicht schaden." Ich schaue zu dir und du zwinkerst zuckersüß.

Manchmal wache ich plötzlich auf und ich bin das devote kleine,Mialein. 12Jahre alt. Oder jünger. Kleinklitzeklein. All mein Wissen, all meine Fähigkeiten, all mein Selbstbewusstsein. Puff. Weg. Auf Nimmerwiedersehen. Tschüssikowski.Weinen könnte ich dann und in das nächste Mauseloch- oder Schneckenhaus- kriechen. Für immer. Oder zumindest für ganz lange Zeit.
Und das- obwohl ich doch schon groß bin  und eigentlich gar nicht mehr in Mauselöcher passe. 
Wo gibt es Schneckenhäuser in meiner Größe?

5 Kommentare:

  1. Damals wußte die kleine Mia noch nicht was Sie machen konnte, wenn doofe Leute Sie klein machten. Heute bist du groß und nimmst die Kleene am besten ganz fest in den Arm und sagst: "Wir schaffen das schon wir beide", dann fasst du Ihre Hand und beschützt Sie mit deinem Wissen deinen Fähigkeiten und deinem Selbstbewußtsein. Schneckenhäuser brauchst du nicht mehr.

    AntwortenLöschen
  2. @Januschka: Oh. Danke für deinen lieben Kommentar. Leider ist die kleine Mieze zur Zeit viel zu oft bei mir. Schrecklich. Aber irgendwann...ja irgendwann... :)

    AntwortenLöschen
  3. Mhmm, der olle winter macht ja auch alles grauer und schwerer, aber bald lassen wir uns wieder die Sonne auf die Nasenspitze scheinen! ;-)

    AntwortenLöschen
  4. würde dir gerne etwas abgeben
    ;)

    AntwortenLöschen
  5. Ganz ehrlich? Geht mir auch oft so. Ein Beispiel? Heute Abend habe ich eine Verabredung. Der geneigte Leser mag nun denken: Toll, eine Verabredung. Aber ich fühle mich einfach nur müde, platt, leer im Kopf und zu ziemlich genau 98 % unsexy. Mein Hirn fühlt sich an, als hätte es die Konsistenz von hmm.. Fischlaich, die Zunge liegt schwer wie Blei in meinem Mund und kriegt kaum einen richtigen Satz zustande. Schlagfertigkeit? Fehlanzeige. Witz, Charme, Selbstsicherheit?! (...)
    Am liebsten würde ich die Verabredung absagen und auf einen anderen Tag legen. Einen von denen im Unbesiegbarkeits-Modus.

    Es gibt halt einfach so Tage, die möchte man am liebsten im Bett verbringen. Aber morgen ist ja bekanntlich schon wieder ein neuer Tag. Die Sonne scheint und es ist Wochenende. Es geht aufwärts, Kollegin. ;)

    AntwortenLöschen